Gegen Diebstahl und für lebendige Straßen: mehr Abstellanlagen fürs Rad

Von | 27. April 2016
Fahrrad-Garderobe

Fahrrad-Garderobe (Cartoon: Rose Tremlett)

Von Katja Täubert, Initiative Volksentscheid Fahrrad

Sichere Abstellanlagen fürs Fahrrad in der Nähe wichtiger Ziele laden Menschen zum Radfahren ein. Wer sein Fahrrad überall sicher abgestellt weiß, nutzt außerdem eher ein besseres und verkehrssicheres Fahrrad. Sinnvoll platzierte Abstellanlagen heißen die Radfahrenden willkommen und sind im Stadtbild eine Einladung und Erinnerung, flexibel und ohne Parkplatzsuche mit dem Rad unterwegs zu sein.

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Chaotisches Stadtbild wegen fehlender Abstellanlagen fürs Rad (Foto: Katja Täubert)

Aus Mangel an Abstellanlagen parken viele Radler an nicht dafür vorgesehenen Stellen. Dadurch werden zum Teil Fußgänger eingeschränkt, es bietet sich manchmal ein chaotisches Bild, und die Räder sind meist nicht sicher angeschlossen. Platzmangel kann nicht der Grund sein – eher die aktuelle Verteilung der Flächen für die jeweiligen Verkehrsarten: Allein fürs Parken stehen dem Pkw-Verkehr in Berlin derzeit sechs Mal mehr Raum zur Verfügung als die gesamte Infrastruktur für Radfahrende. Dabei könnten auf einem Pkw-Parkplatz mindestens acht Menschen bequem ihr Rad abstellen. Der enorme Verbrauch öffentlicher Flächen durch Autos, die durchschnittlich mindestens 23 Stunden am Tag nur stehen, nimmt anderen Nutzungsarten den Platz und senkt dabei die Aufenthaltsqualität der Straßen.

Lebensqualität und Begegnungen auf Berliner Straßen

Wer wohnt oder hält sich schon gern inmitten eines riesigen Autoparkplatzes auf, wie es zum Beispiel in vielen Berliner Geschäftsstraßen Realität ist? Tür auf, Tür zu, Motor starten, Vorwärtsgang, Rückwärtsgang, einparken, ausparken und hupen sind die Geräusche, die Passanten und Käufer, Geschäftstreibende und Anwohner täglich erleben. Schafft man allerdings Orte, an denen Menschen auch spontan anhalten und ihr Rad sicher abstellen können, ohne andere zu behindern, ein Schwätzchen auf dem Bürgersteig halten können, eine Tasse Kaffee im Kiezcafé genießen oder kurz zum Bäcker oder Blumenhändler huschen können, dann schafft man wirtschaftlich dynamische und soziale Orte, die unsere Lebensqualität und die Attraktivität unserer Stadt bestimmen. In der Stadtplanung nennt man das „das Leben zwischen den Häusern“. Was dort passiert, bezeichnet man oft als den „sozialen Kitt“, also das, was eine Gesellschaft zusammenhält. Auch weil sich in gut gestalteten Straßen Menschen als Menschen begegnen – über soziale und kulturelle Grenzen hinweg.

Komfortable Fahrradstellplätze signalisieren den Bewohnern außerdem, dass die Infrastruktur von Berlin ihre Bedürfnisse erfüllt. Sie fühlen sich dadurch wohler, identifizieren sich mehr mit ihrer Stadt und tragen damit auch zum guten Leben in der Stadt bei.

Abstellmöglichkeiten an Regional-Bahn-Stationen für komfortables Pendeln

Besonders für Pendler, die umweltfreundlich und gesund die ersten oder letzten Kilometer einer Bahnfahrt mit dem Rad zurücklegen wollen, sind sichere Abstellanlagen an Regional-Bahn-Stationen innerhalb und außerhalb der Innenstadt essentiell. Bis 2025 sollen deswegen an allen Bahnhöfen insgesamt 100.000 neue Abstellmöglichkeiten entstehen. So sieht es das Berliner Fahrrad-Gesetz vor, für das wir ab Mai 2016 Unterschriften sammeln. Dafür sollen bis 2020 Verhandlungen mit den Eigentümern der Grundstücke an den S- und Regionalbahnhöfen aufgenommen werden. An Regionalbahnhöfen mit dem größten Fahrradverkehrsaufkommen sollen Fahrradparkhäuser inklusive Werkstatt eingerichtet werden. Sind die Verhandlungen nicht erfolgreich, werden geeignete Orte auf landeseigenen Flächen für das Fahrradparken freigehalten und die Abstellanlagen zeitnah umgesetzt.

Fahrradparkhaus in Basel am HBF

Unterirdisches Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof Basel (Foto: Tim Birkholz)

Neues Fahrradparken in den Kiezen

Ist der Volksentscheid erfolgreich, werden außerdem weitere 100.000 Abstellmöglichkeiten in Wohngebieten aufgestellt, vor allem an wichtigen Zielorten wie Kitas, Schulen, Freizeit-, Sport- und Kultureinrichtungen. Um die Gehwege nicht zu blockieren, soll dafür vorrangig der Fahrbahnrand genutzt werden. Fahrradleichen werden regelmäßig entfernt. Am Fahrbahnrand und auf breiten Gehwegen kann nach Paragraph 11 des Radverkehrsgesetzes mit einer Sondernutzungserlaubnis eine Fahrradbox aufgestellt werden, sofern auf dem Gehweg eine Restbreite von über 3,50 Metern bleibt. Dies ist besonders hilfreich für Bewohner von Gebäuden, die aus Platzmangel keinen anderen wetterfesten und diebstahlsicheren Ort zum Abstellen nutzen können. Bei der Prüfung, ob eine solche Box erlaubt wird, sollen diese Bedürfnisse beachtet werden. Bei privaten und öffentlichen Neubauten ist außerdem eine größere Zahl an Fahrradstellplätzen einzuplanen.


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